Primäre Immundefekte (PID) sind angeborene Störungen der Immunkompetenz, die sich hauptsächlich durch eine pathologische Infektanfälligkeit äußern. Hierbei herrschen häufig schwere rekurrierende Infektionen mit therapieresistenten, langen Verläufen vor. Zudem finden sich assoziierte Störungen der Immunregulation, die sich in Granulombildung, Autoimmunität, rezidivierendem Fieber, ekzematösen Hauterkrankungen, Lymphoproliferation und chronischen Darmentzündungen manifestieren können. Mehr als 240 Krankheitsentitäten sind bisher als PID definiert worden und ebenso umfangreich stellt sich das Spektrum des klinischen Schweregrades dar (Picard et al.). Während die häufigsten angeborenen Immundefekte, wie z.B. die selektive IgA-Defizienz oder der C2-Komplementmangel einen milden Phänotyp aufweisen, der häufig unentdeckt bleibt, sind schwere angeborene Immundefekte mit einer beträchtlichen Mortalität in den ersten Lebensjahren, sowie einer schwerwiegenden Morbidität mit irreversibler Organschädigung behaftet. Dies betrifft insbesondere primäre Immundefekte, die durch das Fehlen oder die funktionelle Anergie von T-Lymphozyten (schwerer kombinierter Immundefekt; SCID) oder B-Lymphozyten (Agammaglobulinämie, z.B. X-linked agammaglobulinemia; XLA) gekennzeichnet sind. Patienten mit solchen schweren angeborenen Immundefekten erscheinen bei Geburt zunächst vollkommen gesund und zeigen erste Manifestationen beim SCID zwischen dem 14. Lebenstag und dem 4. Lebensmonat, und bei XLA-Patienten üblicherweise zwischen dem 8. und 16. Lebensmonat. Obwohl die mütterliche Leihimmunität einen gewissen Abwehrschutz vermittelt, schützt dieser in der Regel auch in den ersten Lebensmonaten nur unzureichend.

 

     Sobald diese passive Antikörperbarriere nachlässt, treten schwerwiegende und zumeist fatal verlaufende Infektionen des respiratorischen und gastrointestinalen Systems auf. Aufgrund der fehlenden eigenen Immunkompetenz der Patienten sind schwere angeborene Immundefekte, insbesondere der SCID, daher immer als pädiatrischer Notfall anzusehen.

 

     Die frühestmögliche Diagnose schwerer angeborener Immundefekte verbessert deren Prognose und Therapieeffizienz erheblich (Brown et al.). Dies begründet sich vor allem aus der Möglichkeit, frühzeitig Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Infektionen einzuleiten, sowie iatrogene Schädigungen, z.B. durch die Verabreichung empfohlener Schutzimpfungen, wie z.B. der für immunkompetente Säuglinge ungefährlichen Rotavirus-Impfung (Lebendimpfstoff), abzuwenden (Patel et al.). Die Vermeidung solcher Komplikationen verbessert das Gesamtüberleben vor und nach Durchführung einer kurativen hämatopoetischen Stammzelltransplantation, Gentherapie oder supportiven Enzymersatztherapie bzw. Immunglobulin-Substitutionstherapie erheblich. Aufgrund der besonderen Bedeutung einer frühzeitigen präsymptomatischen Diagnose von Patienten mit schweren angeborenen Immundefekten erscheint die Durchführung von Neugeborenenuntersuchungen im Sinne eines Screeningtests sinnvoll (Borte et al.).

     Schwere angeborene Immundefekte wie SCID und XLA sind durch das Fehlen von T- und/oder B-Zellen bei Geburt gekennzeichnet. Um festzustellen ob bei Neugeborenen diese Lymphozyten vorhanden sind oder fehlen, können episomale Exzisionsprodukte der Lymphozytenrezeptoren (T-cell receptor excision circles, TRECs; und kappa-deleting recombination excision circles, KRECs) gemessen werden.


     Die klinische Forschergruppe des ImmunDefektCentrums Leipzig hat in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung für Klinische Immunologie des Karolinska Institutet in Stockholm den weltweit ersten kombinierten Test für SCID und XLA entwickelt, getestet und in ein Routineverfahren überführt (Borte et al.). Sowohl in Stockholm, als auch in Leipzig, wird der TREC-KREC Screeningtest nun seit 2012 klinisch eingesetzt und hat bereits geholfen mehrere Neugeborene mit schweren primären Immundefekte zu entdecken.


     Der Fortschritt und die Studienergebnisse zum PID-Neugeborenen-screening haben auch dazu geführt, dass ein Konzept für ein bundesweites Modellprojekt zum Neugeborenenscreening auf angeborene Immundefekte entwickelt worden ist und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Prüfung vorgelegt wurde.


  Das ImmunDefektCentrum Leipzig bietet den TREC-KREC Screeningtest für schwere angeborene Immundefekte kostenfrei allen werdenden Eltern an, deren Kind am Klinikum St. Georg Leipzig geboren wird. Weiterhin steht der Test für Klinische- und Forschungsfragestellungen zur Verfügung. Sollten Sie Interesse an einer TREC-KREC-Testung haben, so kontaktieren Sie uns bitte.


Für externe und private Einsender besteht die Möglichkeit gegen eine Aufwandsentschädigung eine TREC-KREC-Testung vornehmen zu lassen. Auch hierzu kontaktieren Sie uns gerne.


Das ImmunDefektCentrum Leipzig wird sich auch zukünftig der Entwicklung und klinischen Testung von Screeningverfahren für den frühestmöglichen Nachweis primärer Immundefekte verschreiben. Derzeit etabliert die klinische Forschergruppe des IDCL einen Screeningtest für Komplement- und Phagozytendefekte und bietet diese Verfahren bereits auf Forschungsbasis an.